Anfang dieser Woche lenkte die New York Times den Blick der Öffentlichkeit auf das bislang weitestgehend unbekannte Start-up Clearview AI: Dieses vertreibt eine Gesichtserkennungssoftware an US-amerikanische Behörden, mit deren Hilfe sich Personen anhand eines Bildes identifizieren lassen. Die Technik dahinter ist eigentlich wenig revolutionär. Dass dafür etwa drei Milliarden Fotos ungefragt gesammelt wurden, scheint umso problematischer. Die New York Times befürchtet das „Ende der Privatsphäre, wie wir sie kennen“. Doch wäre der Einsatz der Clearview-Software auch in Deutschland denkbar?
Wie funktioniert die Gesichtserkennungssoftware von Clearview?

Die Technologie hinter der Software ist denkbar einfach. Sie kombiniert bereits bekannte Verfahren: Aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Facebook, Twitter & Co. werden Bilder von Personen in einer Datenbank zusammengetragen. Für jedes Bild, jedes Gesicht erstellt eine Software ein mathematisches Modell, das sich an zuvor festgelegten Parametern orientiert (z. B. Abstände zwischen Augen, Nase und Mund, Haaransatz u. v. m.).
Möchten Behörden eine Person identifizieren, können Sie ein Bild von ihr (z. B. aus einer Videoaufzeichnung) bei Clearview hochladen. Für das Gesicht erstellt die Software dann ebenfalls ein mathematisches Modell und gleicht es mit der Datenbank ab. Finden sich Übereinstimmungen, zeigt Clearview am Ende sämtliche gespeicherte Bilder der betroffenen Person inklusive der Links zu den Seiten, auf denen diese gespeichert sind.
Problematisch dabei: Clearview hat die Bilder für die Datenbank massenhaft ohne Einwilligung der Plattformen oder Nutzer gesammelt (Scraping), was gegen die Nutzungsbestimmungen z. B. von Facebook verstößt. Und jedes Bild, das die Behörden auf den Server von Clearview hochladen, erweitert die Datenbank. Außerdem verweist die New York Times in ihrem Bericht darauf, dass das Vorgehen des Start-ups nie von unabhängiger Stelle geprüft wurde.
Bereits bis zu 600 US-Behörden sollen Clearview verwenden, darunter etwa das FBI. Der Vorteil der Software: Sie ist vergleichsweise kostengünstig und teils effizienter als bisherige Polizeiprogramme zur Identifizierung von Personen. Die genaue Funktionsweise scheint den Kunden jedoch weitgehend unbekannt zu sein. Unklar ist auch, wie gut die Daten geschützt sind.
Wie funktioniert die Gesichtserkennung eigentlich?
Der folgende Bericht des ARD-Mittagsmagazins bietet einen kurzen Überblick zur Funktionsweise der Gesichtserkennung:
Verstößt die Gesichtserkennung à la Clearview gegen die DSGVO?
Die Datenschutzgrundverordnung soll den Schutz personenbezogener Daten von EU-Bürgern verbessern. Ohne Einwilligung oder gesetzlichen Erlaubnistatbestand dürfen sie in aller Regel nicht verarbeitet werden. Dies gilt jedoch zumeist nicht für personenbezogene Daten, die ohnehin öffentlich zugänglich sind. Ein Verstoß gegen die Nutzungsbestimmungen von Facebook & Co. seitens Clearview bedeutete damit also nicht zugleich auch zwingend einen Datenschutzverstoß.
Die Gesichtserkennung und die Erfassung weiterer biometrischer Daten ist für die Behörden in vielen Ländern verlockend. Vor allem aus China gibt es immer wieder Berichte, die Datenschützer aufhorchen lassen. Aber auch in Deutschland gab es bereits erste Testreihen.
Innerhalb der EU debattieren Politiker derzeit noch über den richtigen Umgang mit künstlicher Intelligenz und Gesichtserkennung. Einige sprechen sich für ein zumindest zeitweises Verbot von Gesichtserkennung aus, um Missbrauch vorzubeugen. Ende Februar will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Whitepaper zum Thema veröffentlichen, das der Debatte eine Richtung vorgeben soll.
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